Corona und der ordnungsgemäße Betriebsratsbeschluss gem. §33 BetrVG

Corona hat Deutschland fest im Griff. Nach den Beschlüssen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder vom 22. März 2020 zur Beschränkung sozialer Kontakte hat dies auch Auswirkungen auf den Betriebsratsbeschluss. Mithin können auch Betriebsräte, die sich im „Homeoffice“ befinden, keine ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlüsse in der gewohnten Umgebung und Form mehr fassen. Wie ist es in einer solchen Zeit möglich, den Anforderungen des § 33 BetrVG zum ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss gerecht zu werden?

  1. § 33 Abs. 2 BetrVG verlangt, dass mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder (oder deren Ersatzmitglieder) an der Beschlussfassung teilnimmt. Die Beschlussfähigkeit muss bei jeder einzelnen Abstimmung gegeben sein und ist unmittelbar vor der Beschlussfassung festzustellen. Auch umfasst die Teilnahme an der Beschlussfassung die an der dem Beschluss vorgelagerte Sitzung und Diskussion.

  2. Schon länger werden alternative Möglichkeiten zur bisherigen Form der Betriebsratssitzung durch Videokonferenz, Telefonkonferenz, Beschlussfassung im Wege der E-Mail-Korrespondenz und der Delegation von Aufhaben zur selbständigen Erledigung an kleinere Ausschüsse diskutiert (hier insbesondere: Thüsing/Beden, BB 2019, 372; Fündling/Sorber, NZA 2017, 552). Gegen jeden dieser Vorschläge lassen sich gute juristische Gründe ins Feld führen, insbesondere das Problem der Nichtöffentlichkeit der Sitzung wird in den meisten Fällen eine nicht zu überwindende Hürde darstellen. Dies vor dem Hintergrund, dass es in diesem Zusammenhang zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit des Betriebsrats noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.

  3. Dieses Problem ist auch von der Politik erkannt worden, so dass sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am 23.3.2020 hierzu mit einer Ministerstellungnahme äußerte, dass in der aktuellen Situation zur Wahrung der Rechte der Betriebsparteien die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz zulässig sei. Zu berücksichtigen ist, dass es sich hier um die Meinung eines Ministers und nicht um eine Rechtsauslegung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Ergänzung zu § 33 BetrVG handelt.

  4. Weiter gelten aktuell grundsätzlich die Ausführungen aus Fitting, Betriebsverfassungsrecht- Kommentar, 30. Auflage, § 33 Rn. 21a, der wie folgt kommentiert:
    „Aus demselben Grunde ist auch eine fernmündliche, schriftliche, telegrafische oder auf sonstigem elektronischen Wege (E-Mail, Internet, Intranet) erfolgte Beschlussfassung unzulässig (ebenso DKKW/Wedde § 33 Rn. 10; Reitze Betriebsratsbeschluss S. 47). Auch eine Beschlussfassung per Videokonferenz ist grundsätzlich nicht zulässig. Eine schriftliche, telegrafische oder fernmündliche Beschlussfassung, wie sie in § 108 Abs. 4 AktG für den Aufsichtsrat vorgesehen ist, scheidet deshalb hier aus.“
    Das ist bislang immer noch herrschende Meinung. Damit bleibt die Gefahr, dass der Arbeitgeber sich die mögliche Nichtigkeit eines Beschlusses zurechnen lassen muss, wenn er weiß oder wissen kann, dass die BR-Mitglieder nicht persönlich zusammengekommen sind. Lediglich Verhandlungen mit Betriebsräten über Videokonferenzen oder Online-Talk werden für möglich und zulässig zu erachten sein, solange dabei keine Beschlüsse gefasst oder Vereinbarungen getroffen werden.

  5. Die Lösung des Problems wird aktuell in einer betreffenden Abrede zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber liegen. Denn beide Betriebsparteien werden ein Interesse an einer solchen Lösung haben. Dies auch der Arbeitgeber spätestens dann, wenn er kurzfristig eine Betriebsvereinbarung zum Thema Kurzarbeit schließen möchte. Bei dem rechtssicheren Abschluss einer solchen Vereinbarung ist Expertenrat gefragt. Ein beliebiges Muster aus dem Internet sollte hier nicht gewählt werden.

 

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