Die Abhaltung von Versammlungen bei GmbHs, Personengesellschaften, Genossenschaften und Vereinen

  1. April 2020

Eine Vielzahl von krisenrelevanten unternehmerischen Maßnahmen (z.B. Kapitalerhöhungen, Zustimmungen zu wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen etc.) bedarf in Unternehmen der Zustimmung der Gesellschafter. Diese wird regelmäßig auf einer Präsenz-Gesellschafterversammlung beschlossen. Der physischen Beschlussfassung stehen aktuell jedoch die von der Bundes- und Landesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus entgegen. In NRW sind Zusammenkünfte und Ansammlungen in der Öffentlichkeit von mehr als zwei Personen untersagt, was damit unmittelbare Auswirkungen auf die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen hat.

Viele Unternehmen, egal welcher Rechtsform, sehen sich aktuell mit der Frage konfrontiert, ob und wie Gesellschafterversammlungen abgehalten werden können, ohne dass Beschlüsse später angefochten und aufgehoben werden.

Neuere Gesellschaftsverträge bei GmbHs sehen bereits Regelungen vor, dass Gesellschafterbeschlüsse nicht nur in Präsenzsitzungen gefasst werden können, sondern auch in anderer Form, z.B. telefonisch, per Telefax, per E-Mail oder Video-Konferenz. Zweck dieser Regelungen war bei Gesellschaftsgründung, dass die Beschlussfassung flexibler und schneller herbeigeführt werden kann. In der aktuellen Krise bekommen diese Regelungen eine zusätzliche Bedeutung.

Gesellschaften, deren Gesellschaftsverträge zu dieser Thematik keine Regelungen treffen, können grundsätzlich nach Beschlüsse nur auf Präsenzveranstaltungen fassen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der sozialen Kontakte die Handlungsfähigkeit vieler Unternehmen unmittelbar beschränken. Auch vor diesem Hintergrund verabschiedete der Deutsche Bundestag am 25. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Vorübergehend wird die Beschlussfassung von GmbHs, Genossenschaften und Vereinen erleichtert:

  1. Aus diesem Grund sieht das verabschiedete Gesetz für GmbHs vor, dass abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG Beschlüsse der Gesellschafter in Textform (bspw. per E-Mail oder Telefax) oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden können. Die Abhaltung einer Präsenzversammlung, wie sie § 48 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich vorsieht, ist damit nicht erforderlich.
  1. Auch bei Genossenschaften hat der Gesetzgeber für Erleichterungen gesorgt. Abweichend von § 43 Absatz 7 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes können Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist.
  1. Für Vereine sieht das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie vor, dass abweichend von § 32 Abs. 1 S. 1 BGB der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen kann, (1) an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder (2) ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben. Abweichend von § 32 Absatz 2 des BGBs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
  1. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber für Gesellschafterversammlungen von Personengesellschaften keine Erleichterungen beschlossen hat. Die vorherigen Ausführungen lassen sich deshalb nicht übertragen, obwohl weitgehend anerkannt ist, dass die Regelungen des GmbH-Rechts analog auf das Recht der Personengesellschaften anzuwenden sind. Es wäre wünschenswert gewesen, dass der Gesetzgeber auch hier für Klarheit gesorgt hätte. Sofern der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaften keine Beschlussfassung per Telefax, E-Mail oder Telefon vorsieht, ist eine Beschlussfassung zumindest dann möglich, wenn alle Gesellschafter mit einer abweichenden Beschlussfassung einverstanden sind und der Beschluss nicht beurkundungspflichtig ist.

Die zuvor beschriebenen Ausnahmen sind zeitlich befristet. Die Ausnahmen sind nur auf (Gesellschafter-)Versammlungen anzuwenden, die im Jahr 2020 stattfinden. Danach greifen wieder die „normalen“ Regelungen des GmbHG, BGB oder HGB.

 

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