Entschädigung für Arbeitnehmer, die aufgrund Kinderbetreuung nicht arbeiten können

31. März 2020

Seit Anfang dieser Woche gibt es eine neue gesetzliche Regelung, mit der für Arbeitnehmer, die aufgrund erforderlicher Kinderbetreuung ihrer beruflichen Tätigkeit nicht oder nicht im bisherigen Umfang weiter nachgehen können, eine Entschädigungsleistung vorgesehen wird. In Form eines FAQ-Kataloges beantworten wir nachstehend einige erste grundlegende Fragen:

 

  1. Welche Voraussetzungen müssen für den Entschädigungsanspruch vorliegen?

Ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG besteht unter folgenden Voraussetzungen:

  • Schließung/Betretungsverbot von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen auf Grund eines Gesetzes (derzeit bei Corona-Pandemie gegeben),
  • Betreuungspflichtiges Kind ist nicht älter als 12 Jahre oder behindert und auf Hilfe angewiesen,
  • Betreuung des Kindes durch erwerbstätige Sorgeberechtigte/Pflegeeltern,
  • keine anderweitig zumutbare Betreuungsmöglichkeit vorhanden (vgl. Ziff. 4),
  • Verdienstausfall aufgrund der Betreuung (vgl. Ziff. 5) und
  • Schließung der Schule oder Kita nicht ohnehin wegen der Schulferien.

 

  1. Ab wann und wie lange besteht ein Entschädigungsanspruch?

Der neue Entschädigungsanspruch gilt seit dem 30. März 2020 und gilt (zunächst) befristet bis zum 31. Dezember 2020. Soweit bislang ersichtlich, entfaltet das Gesetz keine Rückwirkung.

Der Entschädigungsanspruch wird während der Dauer des Arbeitsverhältnisses für längstens 6 Wochen gewährt.

Die Gesetzesbegründung erläutert nicht, ob Zeiten wie Schulferien, die nicht zu berücksichtigen sind, in dem 6 Wochen-Zeitraum mit erfasst sein sollen oder ob diese Zeiten dann hinzuaddiert werden können.

Nach dem Sinn des Gesetzes spricht einiges dafür, dass insgesamt maximal 6 Wochen erstattungsfähig sind, auch wenn sich diese über einen längeren Zeitraum hinweg ziehen. Ggf. bringt eine Durchführungsanweisung der Behörden hier weitere Klarheit.

Der Entschädigungsanspruch endet jedenfalls dann, wenn Schließungen/Betretungsverbote für Schule oder Kita enden.

 

  1. Wie hoch ist der Entschädigungsanspruch?

Die Entschädigung beträgt 67 % des monatlichen Nettoeinkommens und ist auf einen Maximalbetrag von 2.016 EUR pro Monat begrenzt.

Die Fälligkeit der Entschädigung richtet sich dabei nach der Fälligkeit des üblichen Arbeitsentgelts.

 

  1. Was bedeutet „keine anderweitig zumutbare Betreuungsmöglichkeit“?

  • Es kann nach den Regelungen der einzelnen Bundesländer keine Notbetreuung für Kinder in Anspruch genommen werden.
    • Ein Anspruch auf Notbetreuung besteht zB für Eltern in „systemrelevanten Schlüsselpositionen“ => im Einzelfall zu entscheiden
    • Für Kleinkinder, die noch nicht in der Kita angemeldet sind und bei denen z.B. die Großeltern das Kind bislang betreut haben, besteht kein Anspruch auf Notbetreuung.
    • Es kann auch kein anderes Familienmitglied, etwa der andere Elternteil, der sich z.B. in Elternzeit befindet, die Kinderbetreuung übernehmen. Personen, die einer Covid-19-„Risikogruppe“ angehören, d.h. insbesondere die Großeltern, gelten dabei nicht als „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“.

 

  1. Welche Kausalität ist zur Feststellung eines „Verdienstausfalls“ erforderlich?

Ein Entschädigungsanspruch besteht nur dann, wenn allein die Schließung/das Betretungsverbot der Schulen oder Kitas zu einem Verdienstausfall führt. Daher sind Schulferien oder Kindergartenferien oder Fortbildungstage etc. keine Zeiten, für die ein Entschädigungsanspruch besteht.

Sofern Eltern andere rechtliche Möglichkeiten haben, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben, liegt kein Verdienstausfall vor und ein Entschädigungsanspruch ist nicht gegeben. Dies ist z.B. der Fall, wenn

    • Resturlaub aus 2019 noch nicht genommen wurde oder
    • Zeitguthaben aus Überstunden bestehen, die zunächst abzubauen sind.

Unklar ist, ob und inwieweit ein ggf. nach § 616 BGB bestehender Anspruch zu berücksichtigen ist.

Einem Anspruch dürfte auch entgegenstehen, wenn es andere Möglichkeiten zur Arbeitstätigkeit gibt, die sich mit der Betreuung kombinieren lassen, zum Beispiel dann, wenn es eine zumutbare Möglichkeit der Arbeit aus dem Home Office gibt.

 

  1. Wer zahlt die Entschädigungsleistung aus?

Grundsätzlich besteht der Entschädigungsanspruch für den Arbeitnehmer gegen den Staat. Der Arbeitgeber geht jedoch in Vorleistung und zahlt an den Arbeitnehmer aus, er muss dann im Nachgang die ausgezahlten Beträge sich auf Antrag erstatten lassen.

Die Antragstellung auf Ausgleich der Entschädigungszahlungen hat innerhalb einer Frist von spätestens 3 Monaten zu erfolgen (insoweit gleiche Frist wie beim KUG). Erstattungsformulare sind derzeit noch nicht zum Download bereitgestellt, dies wird vermutlich aber kurzfristig nachgeholt.

 

  1. Besteht der Entschädigungsanspruch auch während des Bezugs von Kurzarbeitergeld / Durchführung Kurzarbeit?

Ausweislich der Gesetzesbegründung besteht ein Anspruch auf Entschädigung nicht, soweit die Arbeitszeit von Eltern aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit Null vollständig verkürzt ist. Denn Sorgeberechtigte, die keine Arbeitsleistung erbringen müssen, können ihre Kinder während dieser Zeit selbst betreuen.

Unklar ist bislang allerdings, was gilt, soweit die Kurzarbeit lediglich zu einer Reduzierung der Arbeitszeit, nicht aber zur vollständigen Aufhebung der Arbeitspflicht geführt hat. Sicher dürfte bislang nur sein, dass nicht beide Leistungen, d.h. Kurzarbeitergeld bei gleichzeitiger Entschädigung nach dem IfSG, parallel für denselben Ausfall beansprucht werden können. Wenn sich die Lage der Arbeitszeit im Rahmen der Kurzarbeit so organisieren lässt, dass daneben eine Betreuung gewährleistet ist, könnte dies einen Entschädigungsanspruch ausschließen. Auch hierzu dürfte vorerst eine etwaige Durchführungsanweisung durch die zuständigen Behörden abzuwarten sein.

 

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