Kein Urlaub vom Urlaub

Unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der in einem Kalenderjahr durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub weilte, keinen Anspruch auf Urlaubsgewährung in diesem Jahr hat, auch nicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub.

Der Fall:

Die Klägerin des Ausgangsfalles erhielt von September 2013 bis August 2014 für ein Jahr unbezahlten Sonderurlaub genehmigt. Dieser Zeitraum wurde später um ein weiteres Jahr bis August 2015 verlängert.

Nach der Rückkehr verlangte die Klägerin, dass der Arbeitgeber ihr noch den gesetzlichen Mindesturlaub für das Kalenderjahr 2014 zu gewähren habe.

Die Entscheidung:

Anders als noch das LAG Berlin-Brandenburg in der Vorinstanz wies das Bundesarbeitsgericht die Klage ab. Wenn ein Arbeitnehmer sich während des Urlaubsjahres ganz oder teilweise in unbezahltem Sonderurlaub befinde, so seien während dieser Zeit die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert. Dann bestehe aber mangels einer Arbeitspflicht auch kein Anspruch auf Erholungsurlaub.

Fazit:

In den letzten Jahren ist durch die Rechtsprechung zum Urlaubsrecht kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Die Spielregeln beim Thema Urlaub werden fortlaufend neu geschrieben, so auch durch das neue Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Denn noch mit Urteil vom 06.05.2014, 9 AZR 678/12, hatte das Bundesarbeitsgericht das genaue Gegenteil vertreten und in seinem damaligen Orientierungssatz verlautbart:

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien zur Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub das Ruhen des Arbeitsverhältnisses, hat dies auf das Entstehen von Urlaubsansprüchen nach dem Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich keine Auswirkungen. Auch durch Tarifvertrag kann in diesem Fall das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche nicht wirksam ausgeschlossen werden.“

Nun also kommt aus Erfurt eine Rolle rückwärts und nimmt das BAG jetzt an, dass aufgrund der Suspendierung der „Hauptleistungspflicht Arbeit“ auch die korrespondierende Pflicht des Arbeitgebers zur Gewährung von Urlaub aufgehoben werde. Hierzu bedient sich das BAG eines Rückgriffs auf § 3 Abs. BUrlG, wonach bei einer 6-Tage-Woche ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch von 24 Tagen bestünde. Da anerkannt ist, dass dies auf die Anzahl der tatsächlichen Werktage eine Arbeitswoche angepasst wird, also zum Beispiel bei einer 5-Tage-Woche der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch 20 Tage betrage, so betrage dementsprechend bei einer 0-Tage-Woche der Urlaubsanspruch auch nur bei 0 Tagen.

Das Ergebnis überzeugt, die Begründung ist allerdings insoweit überraschend, als das BAG ausdrücklich von der Suspendierung der Hauptleistungspflichten während des bezahlten Sonderurlaubs spricht. Das ist zwar zutreffend – die Gewährung von Erholungsurlaub wurde allerdings bislang nicht als eine Hauptleistungspflicht des Arbeitsverhältnisses angesehen.

Jedenfalls steht aber nun fest: Auch wenn ein Sabbatical anstrengend sein mag, einen Anspruch auf Urlaub vom Urlaub gibt es nicht.

Autor

Fachanwalt für Arbeitsrecht